Schülergedenkprojekt und neue Stolpersteinverlegung

 Am 24. September 2024 stellen die Schüler des Gesellschaftswissenschaftskurses Klasse 10 des „Geschwister Scholl“ Gymnasiums ihre Ergebnisse des Projekts „Die Ofenbauer von Auschwitz an unserer Schule“ vor. Ab 14 Uhr werden sie in der Aula des Gymnasiums in der Güntherstraße 58 die weitgehend unbekannte Verbindung zwischen ihrer Schule und der Erfurter Unternehmerfamilie „J. A. Topf & Söhne“ darlegen, die mit ihren Verbrennungsöfen, die sich in zahlreichen Konzentrations- und Vernichtungslagern der SS befanden, eine Schlüsselfunktion bei der industriellen Vernichtung von Juden, Sinti und Roma hatte.

Die Präsentation wird ca. eine halbe Stunde dauern. Der Aufzug der Schule kann für Gäste genutzt werden. Im Anschluss daran findet die Verlegung von zwölf Stolpersteinen für Angehörige der ehemals in Sondershausen beheimateten jüdischen Familie Leser im Stadtgebiet statt. Die Veranstaltung beginnt 15 Uhr vor dem Gebäude in der August-Bebel-Straße 43 (heute Sitz des Kreisjugendrings) und wird zu drei weiteren Verlegeorten (Ulrich-von-Hutten-Straße 11, Edmund-König-Straße 1 und Hauptstraße 29) führen.

Gemeinsam mit Schülern des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Sondershausen wird an das Leben der Mitglieder der weitverzweigten, jüdischen Familie Leser in Sondershausen und ihre Verfolgung während des Nationalsozialismus erinnert.

Die Veranstaltung ist öffentlich – Interessierte sind sehr herzlich zur Teilnahme eingeladen! Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig. Für den Transfer zwischen den Verlegeorten steht ein (begrenztes) Kontingent an Fahrzeugen bereit.

Die Realisierung beider Projekte war dank zahlreicher privater Spender, der Partnerschaft für Demokratie des Kyffhäuserkreises, dem Förderkreis Schloss und Museum Sondershausen e.V. und dem Staatlichen Geschwister-Scholl-Gymnasium Sondershausen möglich

Zum Stolperstein-Projekt

Das europaweite Projekt „Stolpersteine“ wurde 1992 von dem Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen und verzeichnet die Wohn- und Wirkstätten von Juden und anderen Verfolgten der NS-Diktatur, wobei jeder vertriebenen oder ermordeten Person ein eigener Stein gewidmet wird, auf dem ihr Name und die wichtigsten Lebensdaten vermerkt sind. Verlegt im Gehweg erinnern diese Steine an das Leiden der Menschen und heben ihr individuelles Schicksal aus der anonymen Masse der Opfer hervor. Damit wird ihnen ein Gedenkort geschaffen und die Gesellschaft gleichzeitig an ihre Verantwortung, sich gegen das Vergessen zu stemmen, erinnert. Inzwischen sind in 1265 Kommunen Deutschlands und 21 Ländern Europas Stolpersteine verlegt worden – damit ist das Projekt zum größten dezentralen Mahnmal Europas geworden.

Stolpersteine in Sondershausen

Zwischen 2012 und 2014 konnten in Sondershausen bereits 21 Stolpersteine verlegt werden. Inzwischen erfolgten Recherchen zu weiteren jüdischen Familien in Sondershausen, wobei insbesondere die weitverzweigte Familie Leser in den Fokus geraten ist. Die Mitte des 19. Jahrhunderts aus Immenrode in die Residenzstadt Sondershausen eingewanderte Familie war im gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Leben unserer Stadt präsent und anerkannt. Die Lesers übten angesehene Berufe aus, waren Kaufleute, Ladeninhaber und Fabrikanten. Ihre Stellung im städtischen Bürgertum konnte sie jedoch während der NS-Diktatur nicht vor Repressalien und Verfolgung bewahren. So kam es zur Flucht zahlreicher Familienmitglieder ins amerikanische, englische, neuseeländische und australische Exil, aber auch zur Deportation und Ermordung von Ricka Leser.

Am 24. September 2024 sollen für die folgenden 12 Mitglieder der Familie Leser an fünf Adressen Stolpersteine in Sondershausen verlegt werden:

Julie Leser (1868−1956), die 1939 zu ihrer Tochter nach England floh und hier verstarb.

Martin Baruch (1884−1968), Kaufmann und Schwiegersohn Julie Lesers, der mit seinen Töchtern Lieselotte (1920−2009) und Ilse (1922−2006) 1939 nach Amerika floh.

Sophie Brown (1859−1942), Witwe des Konsuls Hermann Brown, die mit ihrer Nichte und Adoptivtochter Alma Leser-Heinrich (1892−1984) und deren Sohn Gerhard Heinrich (1923−1995) 1939 nach Neuseeland floh.

Der Wollwarenfabrikant Kurt Leser (1895−1969) floh 1938 nach England, von wo aus er die Flucht seines Sohnes Bernard Leser (1925−2015) und seiner Angestellten und späteren Ehefrau Erna Cheikowsky (1895−1970) vorbereitete. Zusammen mit Sophie Brown, Alma Leser-Heinrich und ihrem Sohn Gerhard gingen sie ins neuseeländische Exil.

Der Fabrikant Egon Leser (1876−1954), dem das Grundstück und ein Teil der Wollwarenfabrik E. Gers gehörten, beides wurde 1941 als dem Reich verfallenes Kapital erklärt. Egon ging 1939 ins englische Exil.

Ricka Leser (1878−1942), die 1942 nach Bełżyce deportiert und hier ermordet wurde.

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